Die „Partnerschaft für Demokratie“ unterstützte die „Kommunismus-Reihe“ an der KVHS Norden

Veröffentlicht von
Die von der „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur“ zur Verfügung gestellte Ausstellung umfasst 22 Tafeln.

Mit 700 Euro unterstützte die „Partnerschaft für Demokratie“ im Landkreis Aurich die Ausstellung und Veranstaltungsreihe zum Thema „Kommunismus“. Den Antrag stellte Timo Schneider, der als Politischer Bildner an der KVHS Norden tätig ist. Wir erhielten von Herrn Schneider folgenden Projektbericht:

Kommunismus – heute noch (k)ein Thema?

Vor 100 Jahren schien in der Novemberrevolution ein ganz anderes Deutschland möglich. 50 Jahre später forderten protestierende Studenten mitten im Kalten Krieg, mehr Sozialismus zu wagen. Und heute – fast drei Jahrzehnte nach dem Fall des Eisernen Vorhangs?

Die KVHS Norden hat im Herbst dieses Jahres dank der Förderung durch die „Partnerschaft für Demokratie“ im Landkreis Aurich eine Veranstaltungsreihe zum Kommunismus durchführen können: Sechs Vorträge, zwei Filme und eine Ausstellung warfen Schlaglichter darauf, wie der Kommunismus die letzten 100 Jahre prägte und was davon bis heute nachwirkt.

Ausstellungen und Filme

Die Ausstellung „Der Kommunismus in seinem Zeitalter“ beschreibt den Aufstieg und Niedergang der kommunistischen Bewegungen. Sie waren im 20. Jahrhundert dazu angetreten, nicht nur die Welt, sondern auch die Menschen grundlegend zu verändern. Ihr totalitärer Anspruch mobilisierte rund um den Globus Millionen und entwickelte sich zum Albtraum derer, die Opfer kommunistischer Gewaltregime wurden. Die Ausstellung der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und des Deutschen Historischen Museums Berlin wurde im 3. Halbgeschoss der KVHS Norden bei freiem Eintritt gezeigt.

Am 24. Oktober wurde im Forum der KVHS Norden die britisch-französische Filmkomödie „The Death of Stalin“ (2017) gezeigt. Der schottische Regisseur Armando Iannucci schildert darin mit viel schwarzem Humor die Ereignisse um den Tod des sowjetischen Diktators Josef Stalins im Jahr 1953 und die Intrigen um seine Nachfolge. Der Dokumentarfilm „Sympathisanten – Unser Deutscher Herbst“ begleitet einige Prominente bei ihrer Erinnerung an die 1970er, die in Westdeutschland vom Terrorismus der Roten Armee Fraktion geprägt waren. Am 28. November war der Film im Forum der KVHS Norden zu sehen und zog lebhafte Diskussionen im Publikum nach sich über das eigene Erleben der „bleiernen Zeit“.

Sechs Vorträge über 100 Jahre Kommunismus

Die begleitende Vortragsreihe begann am 18. Oktober 2018 mit dem Vortrag „‚EUdSSR‘: Das neurechte Erbe des Antikommunismus“ des Bonner Politologen Siebo Janssen. Am Beispiel der Haltung zur EU und ihrer Verunglimpfung als „EUdSSR“ wurde diskutiert, ob diese Selbstreinwaschung der „neuen Rechten“ den Tatsachen entspricht oder hier nur „alter Wein in neuen Schläuchen“ serviert wird. Am 25. Oktober ging es um Sozialismus in Israel. Andreas Epple beschrieb die Entstehung, Gegenwart und Zukunft der Kibbuzim. Kibbuz (Mehrzahl: Kibbuzim) ist die hebräische Bezeichnung für eine kollektive Siedlung, die auf den Prinzipien gegenseitiger Hilfe und sozialer Gerechtigkeit beruht: ein sozialwirtschaftliches System, in dem Menschen Arbeit und Besitz teilen. Der Vortrag gab einen Überblick über die Wurzeln der Kibbuz-Bewegung, die Verbindungen zu den Ideen des Kommunismus und die Entwicklung bis in die Gegenwart.

Danach ging es in zwei Vorträgen nach Spanien und in die Sowjetunion. Am 15. November sprach Volkskundlerin Siemke Hanßen über die „Mujeres Libres“: Die anarchistische Frauenorganisation war von 1936 bis 1939 mit 20.000 Mitgliedern im Spanischen Bürgerkrieg aktiv und wurde nach dem Sieg des rechtsgerichteten Franco-Regimes brutal zerschlagen. Erst in jüngerer Zeit finden die syndikalistischen und emanzipatorischen Ideen, für die die „Mujeres Libres“ kämpften, wieder Beachtung. Eine Woche später blickte die Historikerin Dr. Kirsten Bönker (Uni Bielefeld) auf Alltag, Freizeit und Konsum in der Sowjetunion. Anschaulich beschrieb sie, wie die sowjetischen Bürger angesichts der fantastischen Versprechen kommunistischer Planwirtschaft und globaler Systemkonfrontation wirklich lebten.

Die Veranstaltungsreihe ging in der letzten Novemberwoche mit zwei Vorträgen zu Ende. Am 26. November wurde dem ernsten Thema eine Portion Humor hinzugefügt, als Zbigniew Kullas unter der Frage „Kommunismus mit Humor?“ Polen als „die fröhlichste Baracke im sozialistischen Lager“ vorstellt. Politische Witze, die den grauen Alltag des Sozialismus aufs Korn nahmen, waren in allen Staaten des ehemaligen Ostblocks besonders beliebt. Der Vortrag präsentierte witzige Texte, Karikaturen und Bilder von jenseits des Eisernen Vorhangs, nach dem Motto: „Wenn es nichts zu lachen gibt, kommen Satiriker auf die Welt“. Dr. Martin Gohlke beschloss die Veranstaltungsreihe am 29. November mit seinem Vortrag „Der doppelte Marx“. Viele Schlussfolgerungen der kommunistischen Theorie waren eine Antwort auf zeitgenössische Verhältnisse und sind aus heutiger Sicht geradezu bizarr. Marx war aber auch ein Wissenschaftler, der über seine Zeit hinaus Wahrheit beanspruchen darf, wie Dr. Gohlke anschaulich machte.

Die Veranstaltungsreihe erreichte in gut sechs Wochen einige Dutzend Besucher*innen und Zuschauer*innen, die sich im Anschluss mitunter noch lange über das Reizthema Kommunismus unterhielten. Einigkeit herrschte im Bedauern darüber, dass die Veranstaltungsreihe nicht auf noch größeres Interesse traf, aber eine wichtige und richtige Ergänzung der Erwachsenenbildung im ländlichen Raum war.