Interkulturelle Toleranz in den Kindertagesstätten

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Die Vereine und gemeinnützigen GmbH, die mit der PfD zusammenarbeiten und ein Projekt durchführen, schreiben stets einen Projektbericht. Der Bericht ist nicht normiert; die PfD akzeptiert die Vielfalt der möglichen schriftlichen Formate. Wichtig ist die Diskussion der Projektberichte im Begleitausschuss (Bga) der PfD.

Im Folgenden zitieren wir aus dem Projektbericht des Europahauses Aurich über eine zweitägige Tagung von Anfang Dezember mit Leitungsmitgliedern der Kinder- und Tagungsstätten. Thema waren die Probleme, die es in den Auricher KiTas wegen kultureller und religiöser Unterschiede gibt – ob bei Kindern oder Eltern. Die Förderung der interkulturellen und interreligiösen Toleranz ist ein Anliegen, das in den Leitlinien von „Demokratie leben!“ ausdrücklich formuliert ist.

Ausgangslage für die Planung und Durchführung der Veranstaltung war die positive Auswertung der gleichlautenden Veranstaltung im vergangenen Jahr. Die Teilnehmenden (TN) von damals hatten empfohlen, die Veranstaltung evtl. noch einmal in ähnlicher Form anzubieten bzw. evtl. auch Teilaspekte zu vertiefen. Das Europahaus Aurich nahm diese Anregung auf und plante eine entsprechende Veranstaltung, welche mit finanzieller Unterstützung durch „Partnerschaft für Demokratie im Landkreis Aurich“ realisiert werden konnte.

Anregung der Teilnehmenden aus dem vergangenen Jahr war auch, die Teilnehmendenzahl von vorneherein geringer zu halten. Die geringe Teilnehmendenzahl bot aus ihrer Sicht die Chance für ein intensiveres Arbeiten und einen besseren Austausch. Daher beschlossen wir auch diese Idee aufzugreifen und das Thema so praxisnah wie möglich zu vermitteln. Kernziel war es, Fachkräften ein reales Handwerkszeug für die pädagogische Arbeit mitzugeben.

Vor Beginn der Veranstaltung hatten die TN die Möglichkeit bei einer Tasse Tee/Kaffee bereits in einen ersten lockeren Austausch miteinander zu treten und einige der bereitgestellten Materialien zu begutachten. Offizieller Beginn der Veranstaltung war dann um 11.00 Uhr, als die Teilnehmenden von Jenna Hartmann begrüßt und in das Haus sowie das bevorstehende Programm eingeführt wurden. Um das Eis zu brechen und sich besser kennenzulernen hatte Frau Hartmann zwei bewegungsintensive Kennenlernspiele vorbereitet, die gleichzeitig auch die Einhaltung der notwendigen Hygienevorschriften ermöglichten. Die TN beteiligten sich gut gelaunt und kehrten locker in den anschließenden Stuhlkreis zurück für eine kurze klassische Vorstellungsrunde bevor alle gemeinsam die Mittagspause im Europahaus wahrnahmen. Der inhaltliche Einstieg wurde von der Referentin Verena Dierks gestaltet, welche mit unterschiedlichen Methoden mit den Anwesenden Biografiearbeit leistete zwecks Reflexion des eigenen kulturellen Hintergrundes und dessen Einfluss auf die Arbeit in der Einrichtung. Zu diesen Methoden gehörte auch eine digitale thematisch einleitende Bestandsaufnahme aus den Einrichtungen der TN. Über das Programm „mentimeter“ antworteten sie auf 18 Multiple-Choice-Fragen zum interkulturellen und interreligiösen Alltag in der Einrichtung. Sie loggten sich mit ihren Smartphones in das Programm ein und ihre Antworten wurden direkt im Seminarraum auf der Leinwand grafisch dargestellt. Dies ermöglichte einen ersten Austausch, generierte einen Überblick der Themen, die die TN in den Einrichtungen beschäftigten und erste thematische Diskussionen wurden initiiert.

Nach der gemeinsamen Tee- und Kaffeepause am Nachmittag schloss Dr. Helgard Jamal an die Arbeit des Vormittags an. Zu diesem Zweck hielt sie zunächst einen einführenden Vortrag zum Thema „Interreligiöse Bildung“, gefolgt von einem ersten intensiven Bodenbild legen zum Thema „Abraham“. Frau Dr. Jamal hat die Methode des interreligiösen Bodenbilderlegens[1] selbst entwickelt. Sie erlaubt es Teilnehmenden sich aktiv an dieser Methode beteiligen, so dass eine Umsetzung mit dem Material auch in ihrer jeweiligen Einrichtung möglich ist. Daran anknüpfend hatten die TN die Möglichkeit Fragen zum Vortrag zu stellen sowie die erlernte Methode zu reflektieren. In der Diskussion wurde u. a. benannt, dass nicht-christliche Kinder in den Einrichtungen keine Ausnahme darstellten. Religiöse und kulturelle Pluralität bestimmten den Alltag der Fachkräfte. Ein kultur- und religionssensibles Handeln in der KiTa sei daher nötig, um diesbezügliche Gemeinsamkeiten aufzudecken und Verschiedenheit als normal zu betrachten. Eine Tabuisierung von kulturellen und religiösen Unterschieden könne schon früh Vorurteile festigen. Dies wiederum öffne den Weg für spätere Ausgrenzungsmechanismen und Fundamentalismus. Die TN gelangten zudem zu der Erkenntnis, dass ein Kind, das in der KiTa etwas aus eigenen und anderen Familientraditionen erfahre und Neues entdecke, in seiner eigenen Identität gestärkt würde. Es werde offen für andere Weltanschauungen und Religionen. In diesem Zusammenhang wurden einige konkrete Praxisbeispiele aufgezeigt.

Um den TN und Referierenden die Möglichkeit zu geben sich etwas von der intensiven Arbeit zu erholen, wurde eine etwas längere Abendbrotpause eingelegt. Spät abends kam die Gruppe dann noch einmal zusammen und Verena Dierks stellte einige praktische Umsetzungsmöglichkeiten vor; z. B. darauf wie unterschiedliche Räume (Mehrzweckraum, Spielecke, Essecke, Waschraum, Bewegungsraum) gestaltet und eingerichtet werden können, um den unterschiedlichen Lebenswelten der Kinder und ihrer Familien in den Einrichtungen Rechnung zu tragen bzw. gerecht zu werden. In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit wurde die Reflexion dieser Phase auf den folgenden Tag gelegt. Die TN erhielten stattdessen noch die Möglichkeit gemütlich beisammen zu sitzen und den Abend ausklingen zu lassen.

Im zweiten Teil der Veranstaltung erhielten die TN die Möglichkeit an die Phase der praktischen Umsetzungsmöglichkeiten anzuschließen, indem sie Nachfragen und Anmerkungen in der Gruppe diskutieren konnten. Eine Möglichkeit der praktischen Umsetzung ist das Biblische Bodenbildlegen interreligiös, welches die Teilnehmenden schon kennengelernt hatten. Da es sich um eine komplexe Methode handelt, hatten die Veranstaltenden beschlossen eine Wiederholung zu einer weiteren biblischen Geschichte in das Programm aufzunehmen. Dr. Helgard Jamal führte die Methode dementsprechend erneut durch; diesmal zu Mosegeschichte. Im Anschluss hatten die TN noch einmal die Möglichkeit Nachfragen zu stellen bzw. Anmerkungen zu tätigen.

Nach einer kurzen gemeinsamen Kaffeepause und zum Ausklang des Tages waren die TN eingeladen, an einer kurzen Feedbackrunde im Plenum teilzunehmen bzw. ein schriftliches Feedback (wahlweise Evaluationsbogen oder Online-Evaluation) abzugeben. Die zusätzliche Reflexion der Gesamtveranstaltung im Plenum ergab, dass die TN das Angebot als sehr praxisrelevant wahrgenommen haben. Es wurde zahlreich der Wunsch geäußert, an diesem Thema weiterzuarbeiten. Die geringe TN-Zahl wurde als sehr positiv wahrgenommen, da ein intensiveres und individuelleres Arbeiten möglich wurde. Damit endete die Veranstaltung.

Zu der Teilnehmendenzahl ist hinzuzufügen, dass der sich erneut anbahnenden Lockdown aufgrund der Covid-19 Pandemie zu einer starken Behinderung in der Akquise geführt hat. Trotz sehr breiter Werbung hatten wir Mühe, die anvisierte Teilnehmerzahl von 10 zu erreichen, leider hatte sich kurzfristig noch eine Teilnehmerin abgemeldet und einer ist gar nicht erschienen. Da auch viele Teilnehmer*innen dabei waren, die sich in Ausbildung befanden und die wir sehr kurzfristig gewinnen konnten, mussten wirteilweise von dem Teilnahmebeitrag Abstand nehmen.

Insgesamt kann die Veranstaltung als sehr gelungen bewertet werden. Wir sind froh, dass wir sie auch dank durch die Unterstützung der Partnerschaft für Demokratie durchführen konnten.