Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend veranstaltete am 4. Oktober 2022 die bundesweite Tagung „Zusammenhalt in der Krise – Existenzielle Fragen und demokratische Antworten in Kommunen“. Für den Begleitausschuss (Bga) der PfD nahm Jörg Köhler an dem Treffen teil. Für unsere Homepage erstellte Köhler den folgenden Bericht:
Zusammenhalt in der Krise
Die Konferenz „Zusammenhalt in der Krise“ in Berlin sollte den teilnehmenden Akteur*innen aus Verwaltung und Zivilgesellschaft (aus 15 Bundesländern!) Handlungsoptionen für eine bessere Vernetzung aller konstruktiven Kräfte geben; gerade vor Ort sind Netzwerke mehr denn je von Nöten – so die Einschätzung vieler Anwesender.
Zwei Aussagen sind m.E. hervorzuheben:
1. Prof. Dr. Schröder von der Uni Kassel, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften: Die derzeitigen Schwierigkeiten liegen in der Dramatik und der Häufigkeit der Krisen. Diese Krisen jeweils einzeln abzuarbeiten, ist so gut wie nicht möglich, weil sie sich immer mit der Dynamik der anderen Krisen vermengen und zusammen ein erhebliches Angstpotential entfalten – wie eine Flutwelle.
2. Prof. Voßkuhle (Vorsitzender von „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ und ehemaliger Präsident des Bundesverfassungsgerichts) forderte alle Anwesenden auf, in diesen Zeiten die „Fahne der Demokratie“ hoch zu halten. „Die Demokratie wackelt, aber sie wird nicht einstürzen“. Wichtig sei aber, dass alle konstruktiven Akteure aus Politik und Zivilgesellschaft ernsthaft den Menschen zuhören, dass sie die Menschen ernst nehmen, auch wenn deren Meinung einem vielleicht erst einmal nicht gefällt. Dazu gehöre auch, dass man sich selbst zurückzunehmen weiß. Es gelte, Demokratie-Paten zu finden – das sind in der Öffentlichkeit stehende Menschen, die offensiv die politischen Systeme der Aufklärung und Vernunft zu verteidigen und darzustellen wissen. Voßkuhle schätzt den Anteil derjenigen, die dem Staat kritisch bis ablehnend gegenüberstehen auf 20-30%. „Sie können aber zurückgewonnen werden, das ist kein einfacher Prozess, eine Alternative dazu gibt es aber nicht.“
Deshalb, so Dr. Becker vom Landesdemokratiezentrum Hessen, müssen die „Partnerschaften für Demokratie“ sich noch besser aufstellen, Bündnisse bilden und Netzwerke schaffen.
Frau Dr. Badenberg, Vizepräsidentin des Bundesamtes für Verfassungsschutz, gab zu Bedenken, dass die aktuellen Proteste meist gar nicht ideologischer Natur sind und nicht zwingend im rechten Milieu zu verorten sind. Deswegen seien sie aber nicht minder gefährlich. Das Axiom der Gegner sei: „Der Staat ist Scheiße und wir Protestler machen ihn kaputt“. Die Gegner der offenen Gesellschaft versuchen massiv, Einfluss zu nehmen; sie nutzen jede Krise und nehmen sie dankbar auf – auch die Flutwelle im Ahrtal war für sie übrigens ein gefundenes Fressen. Wachsamkeit ist das Gebot der Stunde.
Prof. Voßkuhle warb dafür, dass die PfD`s verstärkt niedrigschwellig agieren, unpolitische Themen finden, bei denen man Brücken bauen kann. Dabei müsse man aufpassen, nicht klüger als andere daher kommen zu wollen. „Menschen werden nicht im Hauruckverfahren überzeugt, sondern Schritt für Schritt“.
In mehreren Beiträgen wurde hervorgehoben: Der Staat muss seinen Job machen in den aktuellen Krisen (Corona, Gaspreise, Inflation etc.). Die Rattenfänger am rechten Rand haben inhaltlich nichts anzubieten, außer diesen Staat zerstören zu wollen. Gefordert sei die Zivilgesellschaft, sie muss agieren, das Heft in die Hand nehmen. Es müssen Schnittmengen mit Verwaltungen, Polizei, Rettungsdienste, staatliche Organisationen gesucht werden, um wirkungsvoll sein zu können.
Persönlich nehme ich auch mit, dass sowohl Thomas Heppener von der Regiestelle „Demokratie Leben!“ als auch Prof. Voßkuhle sich dafür aussprachen, bei allen Projekten Kunst und Kultur im Fokus zu haben. „Die Menschen müssen gewonnen werden“. Da sei fast jedes Mittel recht.
Heppener ist optimistisch, dass die finanziellen Mittel für demokratiefördernde Mittel 2023 auf 182 Millionen erhöht werden können; der Bundestag wird es wohl so beschließen. Bei der Mittelvergabe werden auch neue Fördermöglichkeiten geschaffen, Schwerpunkte sind dabei Kinder und Jugendliche. Für die PfD’s eröffnen sich dadurch neue Felder.
Jörg Köhler, Oktober 2022.